Es ist für mich fast schon ein heiliges Ritual, morgens mit einem warmen Becher Kaffee in den Tag zu starten. Nicht selten werde ich allerdings gefragt, ob Kaffee und Koffein überhaupt zu einem gesunden Lebensstil dazugehören kann bzw. darf. Auf diese Frage möchte ich heute wissenschaftlich eingehen.
Wie so häufig gibt es hier kein richtig oder falsch. Ernährung ist eine Wissenschaft und dazu gehört, dass kontinuierlich geforscht wird und neue Studien alte revidieren oder unterstützen. Da Kaffee zu den beliebtesten Genussmitteln der Welt zählt, bleibt das Interesse der Forschung an dem braunen Getränk zum Glück weiterhin hoch. Derzeit macht eine Studie der University of South Australia seine Runde, auf die ich in diesem Artikel weiter unten eingehen werde.
Was ist Koffein überhaupt?
Koffein ist ein natürlich vorkommender Pflanzenstoff (1). Besonders bekannte Lebensmittel mit Koffeingehalt sind Kaffee, einige Teesorten, Mate, Kakao oder Guarana. Koffein dient den Pflanzen u. a. als natürliches Insektenschutzmittel (2). Beim Menschen wirkt sich Koffein kurzfristig positiv auf die Konzentration und Fokussierung aus. Koffein wird besonders schnell vom Magen absorbiert und hat bereits nach 20–60 Minuten die volle Blutkonzentration erreicht (3).
Gibt es einen gesundheitlichen Nutzen von Koffein?
Keine Sorge, es gibt bei Koffein gute und schlechte Nachrichten. Wie bei allem kommt es nämlich auf die richtige Menge an. Solltet ihr also auch das morgendliche Kaffeeritual lieben, kommen hier gute Nachrichten. Koffeinhaltige Lebensmittel wie Kaffee, Tee enthalten nicht nur Koffein, sondern auch andere pflanzliche Substanzen, denen positive Auswirkungen auf den Organismus zugesagt werden.
Eine besondere Rolle spielen hier die Polyphenole. Das sind starke Antioxidantien, die besonders in bunten Lebensmitteln wie Beeren, Gemüse, Rotwein, aber eben auch in Kaffee, Tee und Kakao vorkommen. Diverse Studien belegen bereits die positive Wirkung von Polyphenolen auf das Herz-Kreislauf-System (4). Ebenfalls werden diese spezifischen Antioxidantien im Rahmen der Prävention diverser Erkrankungen erforscht, u. a. Herzerkrankungen, Krebs, Diabetes und Osteoporose (4). Viel Hoffnung machte 2010 eine Studie im Journal of Alzheimer’s disease, welche eine Verknüpfung zwischen Koffeinzufuhr und einem verminderten Risiko an Parkinson’s zu erkranken, feststellen wollte (5). Diese Ergebnisse sind allerdings mit einer gewissen Vorsicht zu betrachten, da hier weitere Studien und Forschungen nötig sind, um die Ergebnisse zu validieren.
Weit verbreitet ist die Annahme, dass grüner Tee die gesündere Koffeinquelle sei. Grüner Tee ist in der Tat reich an sekundären Pflanzenstoffen und Antioxidantien und enthält vergleichsweise wenig Koffein im Vergleich zu Filterkaffee (3). Allerdings gibt es auch Studien, die herausgefunden haben, dass Kaffee bei der Aufnahme der Antioxidantien im Körper die Nase vorne hat (6).
Koffein wird in der Forschung ebenfalls eine vorbeugende Wirkung auf die Entstehung einer Leberzirrhose nachgesagt (3). Relativ unbestritten ist außerdem die leistungssteigernde Auswirkung im Sport (3). Diese Erkenntnis erklärt z. B. auch den Einsatz von Koffein in Sportcremes.
Wie viel Koffein pro Tag ist gesund?
Eine britische Studie aus dem Jahr 2017 fand heraus, dass die ideale Zufuhr von Kaffee in Bezug auf den maximalen gesundheitlichen Nutzen bei bis 1–3 Tassen pro Tag liegt (7). Eine ganz aktuelle Studie von der University of Southern Australia (Juni 2021) wiederum warnt vor einem übermäßigen Koffeekonsum (8). Die Forschenden fanden einen Zusammenhang zwischen exzessivem Kaffetrinken (mehr als 6 Tassen pro Tag) und dem Risiko an Demenz zu erkranken oder einen Schlaganfall zu erleiden. Dies bringt uns zu den bekannten Nebenwirkungen von Koffein.
Was sind Nebenwirkungen von Koffein?
Während sich die Forschung einig ist, dass koffeinhaltige Getränke eine positive Wirkung auf die Gesundheit haben können, so gibt es ebenfalls einen allgemeinen Konsens, dass der exzessive Konsum von Koffein drastische Nebenwirkungen haben kann.
- Erhöhter Koffeinkonsum kann den Blutdruck leicht erhöhen, allerdings reden wir hier von einem durchschnittlichen Blut-
druckanstieg von 10–14 mmHg systolisch und 7–10 mmHg diastolisch über einen Zeitraum von 1–3 Stunden nach Koffeinzufuhr (3). Allerdings hat Kaffee wohl eine geringere Auswirkung auf den Blutdruck als andere koffeinhaltige Lebensmittel (9). Solltet ihr (wie ich) unter einem erhöhten Blutdruck leiden, ist es ratsam, pro Tag nicht mehr als 200–300 mg Koffein einzunehmen, was ungefähr 1–2, maximal 3 Tassen Kaffee entspricht. - Schwangeren oder Frauen mit Kinderwunsch wird ebenfalls geraten, den Koffeinkonsum auf maximal 200–300 mg zu reduzieren. Dies entspricht ebenfalls wieder rund 1–2 Tassen Filterkaffee am Tag. Ein Zusammenhang zwischen Koffeinzufuhr und einem erhöhten Fehlgeburtenrisiko ist allerdings noch nicht ausreichend geklärt. Viele epidemiologische Studien finden keine negativen Auswirkungen (3). Mehr Infos dazu findet ihr hier. Es empfiehlt sich während der Schwangerschaft und während des Kinderwunsches auf exzessives Kaffeetrinken zu verzichten, allerdings besagt die Studienlage eindeutig, dass gegen die morgendliche Tasse Kaffee absolut nichts einzuwenden ist.
- Einige Menschen vertragen Kaffee nur sehr schlecht. Häufige Nebenwirkungen sind hier Herzrasen, Schlafstörungen, Angstzustände, innere Unruhe, Konzentrationsstörungen, Nervosität, Zittern oder auch Erbrechen (3). Solltet ihr vermehrt unter diesen Symptomen leiden, empfiehlt es sich, die Kaffee- bzw. Koffeineinnahme deutlich, aber langsam zu reduzieren.
- Solltet ihr unter Schlafstörungen leiden, ist es ratsam, nach 12 Uhr mittags keinen Kaffee mehr zu trinken. Bei manchen Menschen führt allerdings schon eine Tasse morgens um 8 Uhr zu Schlafstörungen am Abend, bei anderen liegt die magische Grenze bei 15 Uhr. Wie so oft gibt es hier keine allgemeingültige Aussage, sondern der genaue Zeitpunkt und die Mengen müssen individuell herausgefunden werden. Das kann man gut selbst herausfinden, indem man ca. eine Woche lang ein Kaffeetagebuch führt. Notiert dabei, wann ihr pro Tag zuletzt Kaffee getrunken habt, wie viel Tassen pro Tag und wie ihr abends geschlafen habt. Meistens kann man dann schnell sehen, wann der richtige Zeitpunkt für die letzte Tasse ist.
- Der regelmäßige Konsum von Kaffee und Koffein kann über die Zeit zu einer gewissen Abhängigkeit führen. Eine Koffeinabhängigkeit erkennt man z. B. an typischen Entzugserscheinungen, wenn der Tag nicht wie gewohnt mit einer Dosis Koffein beginnt. In den häufigsten Fällen kommt es hier zu Kopfschmerzen, Schlappheit und Nervosität und in schlimmsten Fällen sogar zum Erbrechen. Sobald diese Symptome den Alltag einschränken, ist es ratsam, den Hausarzt oder die Hausärztin zu kontaktieren. In diesem Fall sollte der Kaffeekonsum langsam reduziert und nicht einfach die „cold turkey“-Herangehensweise gewählt werden.
Fazit
Wie immer in der Ernährung steht unterm Strich: „Balance is the key“, also alles in Maßen. Ein bis drei Tassen Kaffee pro Tag sind absolut unbedenklich für die meisten Menschen. Bei anderen liegt die Grenze bei einer Tasse, andere (und diese Menschen wissen es meistens auch) sollten von Kaffee komplett die Finger lassen. Wer seinen Koffeinkonsum reduzieren, aber nicht auf den Geschmack verzichten möchte, für die ist entkoffeinierter Kaffee eine gute Lösung. Auch koffeinfreier Getreidekaffee mag hier eine gute Alternative sein.
Quellen:
(1) Eichler, Oskar. „Kaffee und Koffein.“ Kaffee und Koffein. Springer, Berlin, Heidelberg, 1938. 1-4.
(2) Wikoff, D., Welsh, B. T., Henderson, R., Brorby, G. P., Britt, J., Myers, E., … & Doepker, C. (2017). Systematic review of the potential adverse effects of caffeine consumption in healthy adults, pregnant women, adolescents, and children. Food and Chemical Toxicology, 109, 585-648.
(3) Weiß, C. (2007). „Koffein„. Ernährungsumschau. Berlin, Ausgabe 04/07. SS. 2010-2015.
(4) Scalbert, A., Manach, C., Morand, C., Rémésy, C., & Jiménez, L. (2005). Dietary polyphenols and the prevention of diseases. Critical reviews in food science and nutrition, 45(4), 287-306.
(5) Costa, J., Lunet, N., Santos, C., Santos, J., & Vaz-Carneiro, A. (2010). Caffeine exposure and the risk of Parkinson’s disease: a systematic review and meta-analysis of observational studiess. Journal of Alzheimer’s disease, 20(s1), S221-S238.
(6) Svilaas, A., Sakhi, A. K., Andersen, L. F., Svilaas, T., Strom, E. C., Jacobs Jr, D. R., … & Blomhoff, R. (2004). Intakes of antioxidants in coffee, wine, and vegetables are correlated with plasma carotenoids in humans. The Journal of nutrition, 134(3), 562-567.
(7) Poole, R., Kennedy, O. J., Roderick, P., Fallowfield, J. A., Hayes, P. C., & Parkes, J. (2017). Coffee consumption and health: umbrella review of meta-analyses of multiple health outcomes. bmj, 359.
(8) Pham, K., Mulugeta, A., Zhou, A., O’Brien, J. T., Llewellyn, D. J., & Hyppönen, E. (2021). High coffee consumption, brain volume and risk of dementia and stroke. Nutritional Neuroscience, 1-12.
(9) Noordzij, M., Uiterwaal, C. S., Arends, L. R., Kok, F. J., Grobbee, D. E., & Geleijnse, J. M. (2005). Blood pressure response to chronic intake of coffee and caffeine: a meta-analysis of randomized controlled trials.
Larissa
Liebe Lynn,
Ich danke dir von Herzen für deine Arbeit und vor allem dafür, dass du Behauptungen wie „Koffein ist ungesund“ genauer unter die Lupe nimmst. Immer wieder finden sich im Internet Seiten, die Lebensmittel grundsätzlich in gut und böse einteilen, was zu einer ziemlich einseitigen Betrachtung gesunder Ernährung und Unsicherheit führt.
Ich freue mich schon sehr auf deine weiteren Artikel (—> Intervallfasten:) ).
Danke, danke, danke!!
Herzliche Grüße,
Larissa
Olivia
Ein kleiner Lifehack: Da ich auch recht sensibel auf Kaffee reagiere aber ihn dennoch sehr liebe, bin ich schon vor Jahren dazu übergegangen, immer koffeinfreies und koffeinhaltiges Espressopulver bereits bei der Zubereitung zu mischen. So kann ich stufenlos abstimmen, wieviel Koffein es sein soll, mal eine eher homöopathische Dosis oder auch mal die große Portion, je nach dem.
Danke für diesen Artikel und alle anderen und herzliche Grüße in die Runde!
Julia
Danke für den spannenden Artikel. Mich interessiert das Thema auch schon lange. Ich reagiere sehr sensibel auf Kaffee, komme aber trotzdem nicht so ganz los davon. Nachdem ich zwischenzeitlich komplett auf koffeinfrei umgestiegen war (vorher nur eine Tasse mit Koffein am Morgen) , habe ich gemerkt, dass es mir damit sehr viel besser geht (besserer Schlaf, weniger Blutzuckerschwankungen, ausgeglichener). Trotzdem besiegt mich manchmal die Lust auf echten Kaffee, ich versuche aber, das nicht mehr zur täglichen Gewohnheit werden zu lassen. Denn es war schon überraschend, dass es selbst mit nur einer Tasse Kaffee täglich einen mehrtägigen Entzug mit Kopfschmerzen gab.
Constanze
Hallo liebe Lynn, vielen lieben Dank für den tollen Artikel. Wie so oft ist ja auch beim Kaffee trinken eine gesunde Balance zu haben bzw. zu finden. Für mich ist ein Tasse Kaffee in einem schönen Becher meine keine Auszeit .:) Danke, dass Du sie Themen immer von allen Seiten durchleutest. Liebe Grüße von Constanze
Lynn
Liebe Constanze,
genau so ist es. Ich bin ja sowieso niemand, die Dinge verteufelt. Die Studienlage unterstützt unseren Kaffeegenuss in Maßen ja auch, also why not :).
Ganz liebe Grüße,
Lynn
Sarah
Liebe Lynn,
vielen Dank für den tolle Artikel. Das Thema ist immer wieder spannend. Du hast total Recht, dass Balance alles ausmacht. Auch ich möchte nicht auf meinen morgendlichen Kaffee verzichten.
Was ist deine Meinung zu Kaffee und Darmgesundheit?
Liebe Grüße, Sarah
Lynn
Hi Sarah,
hier ist die Antwort leider recht gut eindeutig. Kaffee und Darmgesundheit passen nicht zusammen. Wer eine gestörte Darmflora hat, sollte zumindest eine Weile auf Kaffee verzichten. Wer sich allerdings sonst gut ernährt, auf Prä- und Probiotika achtet, reichlich Gemüse, Hülsenfrüchte (Ballaststoffe) isst, kann ruhigen Gewissens 1-2 Tassen pro Tag zu sich nehmen. Es kommt echt – wie immer – auf die Balance an. Die Dosis macht das Gift.
Liebe Grüße,
Lynn
Alex
Servus Lynn,
Hast du zufällig recherchen zu Kaffeekonsum bei niedrigem Blutdruck gemacht? Bzw auch zu einer Art Koffeinresistenz?
Ich selbst trinke durchschnittlich 9 Kaffees pro Tag wobei zu spitzenzeiten 16 Tassen erreicht werden, habe einen grundsätzlich niedrigen Blutdruck (118/54) der sich auch mit Kaffeekonsum nur leicht zum Normalbereich ändert aber keine Nebenwirkungen wenn ich einen kalten Entzug von Kaffee mache; Kann es sein dass übermäßiger Kaffeekonsum evtl auch schon in der Kindheit zu einer Koffeinresistenz führt?
Lynn
Hi Alex,
ich darf und kann hier ja keine individuelle Ernährungsberatung geben. Deshalb würde ich dir in diesem Fall raten, das mal mit der Hausärztin/Hausarzt abzuklären, gerade, wenn du anscheinend schon sehr früh mit dem Koffein angefangen hast. Zu niedriger Blutdruck ist ja per se erstmal nichts, was man bekämpfen muss, wie Bluthochdruck.
In diesem Fall finde ich aber die Studie aus Australien recht interessant, die eben herausgefunden hat, dass übermäßiger Konsum leider schon Langzeitschäden im Gehirn verursachen kann.
Liebe Grüße,
Lynn
Patricia
Wann trinkt man am besten seinen Kaffee? Mit dem Essen oder isoliert? Kaffee soll bekanntlich die Eisenaufnahme blockieren…
Lynn
Liebe Patricia,
da hast du Recht. Kaffee hemmt die Eisenaufnahme. Es ist deshalb gar nicht ratsam, zum Frühstück Kaffee zu trinken, sondern eher ein, bis zwei Stunden vorher oder danach. Das ist für viele aber recht schwierig umsetzbar, ich weiß. Wenn man Eisenpräparate nimmt, sollte man wirklich 2 Stunden Zeit zwischen Einnahme und Kaffeetrinken einplanen.
Wenn man übrigens einen empfindlichen Magen hat, sollte man Kaffee auch nicht nüchtern trinken. Aber das ist wirklich individuell. Auch in dem Fall weiß man meistens selbst, ob es dem Magen nichts ausmacht oder ob er gereizt drauf reagiert.
Fazit: Es ist durchaus sinnvoll morgens entweder vor oder einige Zeit nach dem Frühstück Kaffee zu trinken. Eine, bestenfalls zwei Stunden sind ideal. Bei gereiztem Magen nicht nüchtern.
Liebe Grüße,
Lynn
Bettina
Ganz toller Artikel, danke! Als Lockdown-Experiment habe ich den Kaffee durch koffeinfreien Kaffee ersetzt und fühle mich seitdem wunderbar. Ich fühle mich nicht müder (im Gegenteil habe ich ein viel gleichmäßigeres Energielevel über den Tag) sondern vor allem viel ausgeglichener und nicht so aufgedreht. Außerdem ist mein Blutdruck niedriger bzw. jetzt endlich auf einem normalen Niveau 🙂
Viele Grüße, Bettina
Claudia Brach
Toll recherchiert, danke für die Mühe!!
GlG Claudia
Lynn
Hi Claudia,
sehr gerne. Danke für das Feedback!
Liebe Grüße,
Lynn
Nadine
Vielen Dank für den tollen recherchierten und liebevoll zusammen getragenen Artikel. Und wie immer giltBalance is the Key
Lynn
Liebe Nadine,
das freut mich total. Mich hat das Thema einfach selbst total interessiert und nachdem ich von der neuen Studie aus Australien gehört hatte, wollte ich mal etwas tiefer in die Thematik einsteigen.
Ganz liebe Grüße,
Lynn