Frage: „Hallo Lynn, mein Mann und ich lieben deinen weltbesten Tofu. Vorher waren wir beide keine Fans von Tofu, aber diese Zubereitungsweise hat unsere Meinung echt geändert. Leider liest man ja immer wieder, dass Sojaprodukte hormonell wirksam seien. Mich verunsichert das und deswegen frage ich mich, wie du das siehst?“ Vera aus Köln
Das Thema Soja ist und bleibt kontrovers. Auch ich habe zu Beginn meiner Ernährungsumstellung komplett auf Soja verzichtet, da vor Soja in vielen Ernährungsblogs und -büchern gewarnt wurde. Heute sehe ich die Sojafrage zum Glück viel entspannter.
Wieso wird Soja also seit Jahrzehnten so viel diskutiert? Schuld an der Kontroverse sind gewisse sekundäre Pflanzenstoffe namens Isoflavone. Diese werden auch Phytoöstrogene genannt, da sie ähnlich aufgebaut sind wie das menschliche Hormon Östrogen. Aufgrund dieser Struktur binden sich Sojaisoflavone an Östrogenrezeptoren im Körper. Wegen der östrogenähnlichen Wirkungen wurde eine Zeitlang davon ausgegangen, dass Sojaisoflavone das Rückfallrisiko von Brustkrebspatientinnen erhöhen könnten (1). Diese Erkenntnis beruhte allerdings auf Experimenten mit Mäusen, deren Ergebnisse nach heutigem wissenschaftlichen Stand kaum auf Menschen übertragbar sind (2, 3).
Die aktuelle Studienlage widerspricht ebenfalls der Aussage, dass Sojakonsum krebsfördernd oder hormonell wirksam sei. Im Gegenteil: Einige Studien gehen sogar davon aus, dass der Verzehr von Soja das Brustkrebsrisiko senken kann, indem es die sogenannten T-Zellen stärkt, die Krebszellen bekämpfen (4). Letztes Jahr wurde eine sehr umfassende Studie veröffentlicht, die mir persönlich auch noch das letzte Fünkchen Zweifel genommen hat. In einer Metaanalyse (Auswertung mehrerer wissenschaftlicher Berichte) wurden 471 wissenschaftliche Studien mit dem Fokus Soja- und Isoflavonekonsum ausgewertet. Die Wissenschaftler*innen kommen zu dem Fazit, dass weder Sojaprodukte noch Isoflavone generell als hormonell wirksam erachtet werden können (5). Die Studie findet keinerlei Einfluss von Isoflavonen auf die Schilddrüse, auf das Brustgewebe, das Endometrium oder auf die Fruchtbarkeit von Frauen und Männern. Auch wurden keine negativen Einflüsse von Isoflavonen bei Kindern nachgewiesen.
Natürlich ist dies nur eine Studie, wenn auch eine Metaanalyse, und die Forschung muss hier natürlich weitergehen. Gerade bei Schilddrüsenerkrankungen gibt es weiterhin Hinweise, dass isolierte Isoflavone in Nahrungsergänzungsmitteln kombiniert mit einem Jodmangel die Schilddrüsenfunktion beeinflussen können (6). Hier muss aber auch wieder zwischen dem Konsum von vollwertigen, qualitativ hochwertigen Sojaprodukten wie Tofu oder Tempeh und hochkonzentrierten Supplementen unterschieden werden. Der Verzehr von vollwertiger Kost ist isolierten Produkten in jedem Fall vorzuziehen (7).
Der derzeitige Konsens unter Ernährungsexpert*innen entspricht auch meiner Einschätzung: Für gesunde Frauen sind Sojaprodukte in Maßen überhaupt kein Problem, sondern sogar eine gute Ergänzung einer ausgewogenen Ernährung. Ich persönlich achte darauf, möglichst immer Bio-Sojaprodukte aus europäischen Anbaugebieten zu verzehren. Außerdem setze ich bei Soja auf vollwertige Produkte wie Sojasauce, Tofu, Tempeh, Miso oder Edamame. Ich esse auch gerade Sojajoghurt und Quark sehr gerne, weil er länger sättigt als z. B. Kokosjoghurt.
Natürlich ist das Thema Soja viel komplexer und es ist mir nicht möglich, die Sojafrage in dieser Kürze von vorne bis hinten zu beleuchten. Falls ihr noch weiterlesen möchtet, diesen Artikel von Ernährungswissenschaftlerin Laura Merten fand ich sehr interessant.
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