
Immer wieder erreichen mich Fragen zum Zuckergehalt von Hafermilch. Da online nun auch noch das Gerücht umgeht, dass Hafermilch schlecht für den Blutzuckerspiegel sein, widme ich in diesem Blogpost nun einmal der Frage, ob Hafermilch wirklich so „schlecht“ ist, wie sie online teilweise dargestellt wird.
Allem voran, müssen wir festhalten, dass es leider stimmt, dass Hafermilch relativ viel Zucker enthält. Auch wenn auf der Packung „ohne Zuckerzusatz“ steht, enthält sie immer noch durchschnittlich 5 g Zucker pro 100 ml. Das ist so viel Zucker, wie auch einige Softdrinks enthalten. Aber wieso ist das so, wenn doch auf der Packung „ohne Zuckerzusatz“ steht und als Zutaten nur Hafer, Sonnenblumenöl und Wasser angegeben werden?
Für diesen kleinen Exkurs muss ich kurz ein paar Fachbegriffe einwerfen, die wir alle einmal in der Schule gelernt haben. Kohlenhydrate werden unterteilt in Einfachzucker (Monosaccharide), Zweifachzucker (Disaccharide), Mehrfachzucker (Oligosaccharide) und Vielfachzucker (Polysaccharide). Polysaccharide werden auch als komplexe Kohlenhydrate bezeichnet. Diese lassen den Blutzucker langsamer und weniger stark ansteigen und stecken in Gemüse, Hülsenfrüchten und Vollkornprodukten. Sie sind also sehr gesund. Einfachzucker wird sehr schnell in Energie umgewandelt. Er hält aber nicht lange satt und gilt deshalb eher als ungesund. Darunter fallen zum Beispiel Süßigkeiten oder Weißmehlprodukte.
Bei der industriellen Herstellung von Hafermilch werden Enzyme verwendet, die den Vielfachzucker (Polysaccharide) des Hafers in Mehrfachzucker (Oligosaccharide) umwandeln. Konkret wird der Hafer zuerst geschrotet und dann mit Wasser gekocht. Dabei werden Enzyme hinzugegeben und die Masse eine zeitlang fermentiert. Die Enzyme wandeln in dieser Zeit den Vielfachzucker in Mehrfachzucker um. Mehrfachzucker ist süßer als Vielfachzucker. Deshalb schmeckt gekaufte Hafermilch auch süßer als selbst gemachte.
Mehrfachzucker (Oligosaccharide) werden bei der Verdauung allerdings nicht ganz so schnell abgebaut wie Einfachzucker (Monosaccharide). Ob am Ende Mehrfach- oder Einfachzucker in der Hafermilch übrig bleibt, hängt wohl von der Länge des Fermentierprozesses ab. Genaue Angaben konnte ich dazu bei keinem Hersteller finden.

Auch ich bin lange Zeit davon ausgegangen, dass Hafermilch nur natürlichen Zucker enthält und war selbst etwas enttäuscht, als ich erfahren habe, dass Enzyme nicht auf der Packung als Zutaten angegeben werden müssen. Dahinter steckt in meinen Augen aber keine böse Absicht der Lebensmittelindustrie, sondern eine Notwendigkeit, da in der Großherstellung von Hafermilch sonst nur eine große Pampe entstehen würde. Die Enzyme sind auch an sich nichts Böses, sie werden in der Lebensmittelindustrie häufig verwendet. Schade ist nur, dass durch ihr Fehlen auf der Zutatenliste, Konsument*innen von Labels wie „ungesüßt“ oder „ohne Zuckerzusatz“ in die Irre geführt werden könnten.
Mittlerweile gibt es einige Hersteller, die wirklich zuckerfreie Hafermilch anbieten, u.a. Allos und Natumi. Auch von Rewe Bio gibt es mittlerweile eine zuckerfreie Alternative. Ich habe Allos angeschrieben und in Erfahrung bringen können, dass sie das Enzym beim Herstellungsprozess kontrollieren und so die Zuckerbildung unterdrückt wird. Wie das Lebensmitteltechnisch genau funktioniert, konnte ich aber nicht herausfinden. Andere zuckerarme Alternativen sind Soja- oder Nussmilch, da für deren Herstellung keine zuckerspaltenden Enzyme verwendet werden müssen.

Fazit
Müsst ihr nun auf eure geliebte Hafermilch im Kaffee verzichten? Natürlich nicht. Kuhmilch enthält übrigens auch 5 g Zucker pro 100 ml. Ich würde nur nicht empfehlen, täglich einen ganzen Liter der süßen Hafermilch zu trinken. In Birchermüsli und Co. nutze ich nun gerne die zuckerfreie Hafermilch, aber auch hier gilt wie immer: Die Dosis macht das Gift.
herzlichen Dank für die wirklich gute Info